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Blutwurz

Potentilla erecta

Arzneipflanze des Jahres 2024

Aufrechtes Fingerkraut, Rotwurz, Blutkraut, Blutbrech, Ruhrwurz, Bauchwehwurz, Scheißwurz, Tormentill

Der Blutwurz ist eine krautige Pflanze aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Er gehört zur Gattung der Fingerkräuter, von denen es etwa 300 Arten gibt, ist in Europa und Asien heimisch und kommt weit verbreitet, vom Flachland bis in die alpinen Regionen vor. Die Pflanze liebt sandige oder moorige Böden und wächst auf sonnigen Waldlichtungen, Heideflächen und trockenen oder feuchten Magerwiesen. Im Moor sind die Pflanzen klein und liegen am Boden an. Je trockener der Standort, desto höher wächst der Blutwurz. Die dünnen, verzweigten Stängel, die eine Höhe von 40 cm erreichen können, entsprießen aus einem unregelmäßig verzweigten, knotig verdickten schwarzbraunen Wurzelstock, der fast waagerecht im Boden kriecht und im Alter verholzt. Die Stängel tragen fünfzählige gefingerte Blätter mit gezacktem Rand. Am Ende sitzen kleine gelbe Blüten mit meist vier herzförmigen Kronblättern (normalerweise sind die Blüten der Rosengewächse fünfzählig), die zur Mitte hin orangefarben sind. Dazwischen sind vier schmale grüne Kelchblätter zu sehen, die wie ein winziges Kreuz erscheinen, das sogenannte „Rosenkreuz“. Wenn man die Stängel bricht, färben sich diese an der Bruchstelle blutrot. Blütezeit: Juni bis August. Die Blüten werden von mehreren Wildbienenarten und Schwebfliegen aufgesucht. Nach der Bestäubung reifen in den Blüten Nüsschen heran, die oft von Ameisen verbreitet werden. Die frische Schnittfläche des Wurzelstocks färbt sich gelblich-rötlich, später blutrot.

Steckbrief

- Pflanzenfamilie: Rosengewächse Rosaceae
- Anwendungsbereich: Schleimhautentzündungen, Durchfall
- Blütenfarbe: gelb
- Giftigkeit: ungiftig

Blütezeit

Juni bis August

Verwendete Pflanzenteile

Wurzelstöcke, die im Herbst oder Frühjahr ausgegraben, gesäubert und getrocknet werden.

Inhaltsstoffe

Gerbstoffe (bis 20%), Tormentillrot, Pflanzensäuren, Harz, ätherisches Öl mit rosenähnlichem Duft

Heilwirkung

Die Blutwurz ist das stärkste heimische Gerbstoffmittel. Die Gerbstoffe wirken zusammenziehend und bilden auf den Schleimhäuten eine Schutzschicht, die Keime abhält. Sie schützen die Darmschleimhaut und mindern den Wasserverlust bei Durchfall. Außerdem wirken sie blutstillend, schmerzlindernd und antiseptisch. Der Farbstoff Tormentillrot wirkt desinfizierend auf Viren, Pilze und Bakterien – ohne die Darmflora zu beeinträchtigen. Innerlich werden Zubereitungen mit Blutwurz (Teeaufguss, Tinktur) bei Durchfallerkrankungen, Magen-Darmstörungen, und chronischen Darmentzündungen genutzt, äußerlich bei Entzündungen der Mundschleimhaut, bei Zahnfleischbluten und zum Gurgeln bei Mandelentzündungen. Nach neueren Studien soll sich auch die Colitis ulcerosa (chronische, in Schüben verlaufende Darmentzündung mit heftigen Durchfällen) mit Blutwurzpräparaten bessern lassen.

Nebenwirkungen

Blutwurz sollte nicht länger als sieben Tage innerlich oder äußerlich angewandt werden. Bei Überdosierung kann es bei empfindlichen Menschen zu Magenbeschwerden kommen. Bei gleichzeitiger Einnahme von Blutwurz und anderen Medikamenten können die Gerbstoffe des Blutwurz die Wirksamkeit der anderen Medikamente herabsetzen. Deshalb ist auf eine zeitversetzte Einnahme zu achten. In der Schwangerschaft sollte auf eine Anwendung mit der Blutwurz verzichtet werden.

Geschichtliches

Der Gattungsname „Potentilla“ wird als Verkleinerungsform des lateinischen potentia = Macht angesehen. Man sieht in der Pflanze die Heilkraft, die im Kleinen mächtig ist. „Erecta“ ist ebenfalls lateinischer Herkunft und bedeutet „aufrecht“. „Tormentilla officinalis“, der seit dem Mittelalter gebräuchliche Apothekername, leitet sich vom lateinischen „tormentum“ = Qual (Bauchgrimmen) her und bezieht sich auf die schmerzlindernde Wirkung bei Koliken. „Officinalis“ weist darauf hin, dass die Pflanze in der Apotheke gehandelt wurde.

Die Droge wurde bereits seit dem Altertum genutzt und ist schon bei Hippokrates beschrieben. Auch Hildegard von Bingen kannte und nutzte die Pflanze, die als universelles Heilmittel galt und als Arzneipflanze auf vielfältige Weise eingesetzt wurde: bei Erkältung, Fieber, Ruhr (blutigen Durchfällen), Cholera, Menstruationsbeschwerden und auch bei Viehkrankheiten. Vor allem aber galt der Blutwurz als Heilpflanze gegen die Pest: „Esst Tormentill und Bibernell, so sterbt ihr nicht so schnell.“

Der Blutwurz geriet in Vergessenheit als die Ratanhiawurzel (Krameria lappacea) aus Südamerika bekannt wurde, deren Gerbstoffe ebenfalls adstringierend wirken. Alkoholische Auszüge aus der Wurzel werden zu Mundwasser oder Zahncreme verarbeitet und können bei Entzündungen der Mundschleimhaut und bei Halsentzündungen helfen. Als im 1. Weltkrieg die Ratanhiawurzel nicht mehr zu bekommen war, erinnerte man sich wieder des Blutwurz.

Zur Arzneipflanze des Jahres 2024 wurde der Blutwurz gewählt, weil die Pflanze seit langer Zeit medizinisch erfolgreich genutzt wird. Darüber hinaus gibt es Hinweise gibt, dass die Gerbstoffe zur Hemmung von Viren und Bakterien beitragen können. Mit der Wahl zur Arzneipflanze des Jahres 2024 wird zugleich an die Forschung appelliert, die Pflanze weiter zu untersuchen, z.B. auf ihre Verwendung bei Verdauungsstörungen, von denen in der heutigen Zeit viele Menschen betroffen sind.

Mit dem intensiven Wurzelrot wurden früher Wolle und Leder gegerbt und gefärbt.

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